Inklusion, Integration, individuelle Förderung in Hessen

Wie stellt sich die gesetzliche Situation dar? Wie kann Realität aussehen? In Hessen ist bislang keine explizit förderliche, Weg weisende Perspektive für eine inklusive Schule erkennbar.

Im Gegenteil. Schulen mit langjähriger Erfahrung im Gemeinsamen Unterricht (GU) haben eher weniger Ressourcen zur Verfügung. Die Durchführung von Förderausschüssen zur inklusiven Beschulung ist organisatorisch und personell aufwändig. Das notwendige Zusammenwirken von Sozial- und Kultusministerium ist gesetzlich so zu verankern, dass es den Anforderungen an eine inklusive Schule genügt.  Der hessische Weg der individuellen Förderung von heterogenen Lerngruppen verläuft kontinuierlich auf eine immer weiter ausdifferenzierte Struktur nach weiteren Schulformen und Abschlüssen hinaus. Je nach Zählweise sind es derzeit 10 Schulformen, wobei die unterschiedlichen beruflichen Schulen und den unterschiedlichen Schwerpunkten bei Förderschulen nicht zusätzlich gezählt wurden.

Sicherlich ist es ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, trotzdem lassen sich einige Eckpunkte benennen, mit denen ein Weg zur gelingenden Inklusion beschrieben werden kann. Und – dass dieser Weg gelingen kann, dies ist an einzelnen Schulen, die über jahrelange Vorerfahrung verfügen, bereits in kleinen Schritten sichtbar. Den notwendigen unterstützenden Rahmen dazu braucht es aber eindeutiger, zügiger und deutlich stärker.

Grundvoraussetzung ist ein wertschätzender Umgang untereinander. Dies gilt für Schüler- und Lehrer-Beziehungen, die Schüler-Schüler-Beziehungen sowie die professionellen Arbeitsbeziehungen aller Beteiligten, Lehrer, Sozialarbeiter, Krankenschwestern, Schulbegleiter. Schulen, die sich auf den Weg machen, inklusive Schule zu werden, brauchen einen Blick auf das einzelne Kind. Dies wirkt sich sowohl im Bereich des Sozialkompetenztrainings, des fachlichen Lernens und der Lernarrangements, besonders natürlich auch auf die Lernberatung aus.

Je stärker der Blick auf den individuellen Lernfortschritt gerichtet ist, desto stärker muss auch der Blick auf die soziale Gruppe gerichtet werden. Konkret für die Tagesgestaltung heißt dies, dass Phasen des individuellen Lernens –SelbstOrganisiertes Lernen (SOL), Lernzeit, individuelle Lernzeit (ILP) – mit fest eingeplanten Phasen des sozialen Miteinanders eingerichtet werden müssen (Klassenrat, Team-Trainings, AG Angebote, Lernangebote für Gruppenarbeiten ...).

Eine inklusive Schule braucht multiprofessionelle Teams. Diese können nicht einfach gesetzt werden. Es braucht Zeit und gemeinsame positive Lernerfahrungen und gemeinsame Erfahrungsräume, damit die gleich berechtigte Zusammenarbeit für den Schulerfolg der Schüler/innen förderlich eingebracht werden kann. Viele Schulen haben den Prozess des Legens von Kooperationsstrukturen von Schulsozialarbeit und Lehrkräften inzwischen erfolgreich beendet. Nunmehr gilt es, den Blick insbesondere die verschiedenen Lehrämter an einer Schule zu richten. Inklusive Schulen sind Schulen, an denen Lehrkräfte mit Lehramt Förderschule gleichberechtigt mit den Regelschulkräften arbeiten. Neue Formen der Zusammenarbeit sind dabei zu entwickeln. Auch Schulleitungsteams sollten möglichst gemischt zusammengesetzt sein. Schon in der Ausbildungsphase des Referendariats ist es notwendig, Inklusion zu leben. An Regelschulen sollten in Kooperation mit den Studienseminaren neben den Regelschulkräften regelmäßig Förderschulreferendare ausgebildet werden. Dies gilt für alle Schwerpunkte – Förderbedarf Lernen, sozial-emotionale Entwicklung, geistige Entwicklung und körperliche Behinderungen. Für die Kooperation von Schule und Jugendhilfeeinrichtungen ist es zwingend notwendig, dass die zuständigen Ministerien – Sozial- und Kultusministerium – sehr zügig die gesetzlichen Grundlagen schaffen, dass Verfahrensabläufe in Schulen gelingende Inklusion ermöglichen. In Hessen gilt dies insbesondere für die Schulbegleitungen.

Insgesamt handelt es sich um einen voraussetzungsreichen Weg, der nur gemeinsam von Schule und ihrem Umfeld, von Sozialministerium und Kultusministerium erfolgreich gegangen werden kann.

Gabi Zimmerer