Berliner Gemeinschaftsschulen - Erstaunliche Erfolge durch wissenschaftliche Begleitung bestätigt

Am 8. April wurden im ersten Teil des Abschlussberichtes die neuesten Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung (WB) der Pilotphase Gemeinschaftsschule in Berlin präsentiert.

Zur Erinnerung: Berliner Gemeinschaftsschulen sind Schulen des gemeinsamen Lernens von Jahrgang 1 bis 10 bzw. 13. Sie verzichten grundsätzlich auf äußere Fachleistungsdifferenzierung, viele praktizieren Jahrgangsmischung auch in der Sekundarstufe, einige verzichten auf übliche Ziffernnoten bis zum Beginn des Jahrgangs 9. Ursprüngliche Absicht der 2008 begonnenen Pilotphase war, verschiedene Wege von den bestehenden Schulformen zu Schulen des gemeinsamen Lernens zu erproben, deshalb haben die Schulen sehr unterschiedliche Historien: Grundschulen, die ihre Schüler behalten; Gesamtschulen, die eine eigene Grundstufe gründen; mehrere Schulen verschiedenen Typs, die fusionieren; Neugründungen.
Der Bericht der WB unter der Leitung der Universität Hamburg (Prof. Johannes Bastian), umfasst die Teilstudien Unterrichtsgestaltung und -entwicklung und Lernstandsentwicklung.

Erregten schon die vorigen Berichte der WB einige Aufmerksamkeit, weil sie den Schulen positive Werte in den untersuchten Bereichen bescheinigten, so werden diese Ergebnisse durch den aktuellen Bericht in erstaunlicher Weise übertroffen. Hier einige Befunde in Kurzform:
Die Teamarbeit hat bei den befragten ca. 1000 Lehrern einen hohen Stellenwert (89% Zustimmung). Ähnlich positiv werden u.a. selbstständige Schülerarbeit (90%), regelmäßiges Schülerfeedback (81%) eingeschätzt.

Aufsehen erregen die Befunde zur Lernentwicklung der Schüler/innen: Zeigte die vorige Längsschnittuntersuchung (1. Kohorte GemS 1, 2. Schülerdurchlauf) gegenüber der Kontrollgruppe (HH-KG) speziell im Deutschbereich erstaunliche Lernzuwächse, so konnten diese in der aktuellen Untersuchung (2. Kohorte GemS 2, 5. Schülerdurchlauf) auf alle Kompetenzbereiche ausgedehnt werden. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Klassenstufen 7 bis Anfang 9; die Klassenstufen 9 und 10 werden nach Beendigung des aktuellen Schuljahres ausgewertet.

Zur Erläuterung der Zahlenwerte: Eine Effektstärke von 0,4 beschreibt einen sehr guten Lernzuwachs pro Schuljahr, 0,8 entsprechend für zwei Schuljahre.

Erwähnenswert sind noch die folgenden Teilbefunde:
Erwartungswidrig sind die Lernzuwächse in allen Kompetenzbereichen unabhängig von der sozialen Herkunft der Schüler/innen, die Gruppe der Schulen mit dem ungünstigsten Sozialindex erzielt sogar die höchsten Lernzuwächse. Ebenfalls erwartungswidUnbenannt 3rig haben Jungen und Mädchen in allen Kompetenzbereichen gleiche Lernzuwächse.

Andere Untersuchungen eher bestätigend, gab es nahezu gleiche Zuwächse in Klassen, die ohne bzw. gemeinsam mit Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf lernen, bei leichten Vorteilen für die letzten. Dabei erzielten Schüler/innen mit Förderbedarf beachtliche Lernfortschritte.

Die WB wurde von den Schulen als fair und unterstützend wahrgenommen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die wissenschaftliche Begleitung selbst ein Erfolgsfaktor für die Pilotphase ist.

„Zusammengenommen enthalten die hier berichteten Ergebnisse beider Längsschnitterhebungen deutliche Hinweise darauf, dass das pädagogische und schulorganisatorische Rahmenkonzept des längeren gemeinsamen Lernens mit einem Schwerpunkt auf der schülerbezogenen Lern- und Förderplanung erfolgreich implementiert werden konnte.“ (aus der Presseerklärung der Senatorin)
Alle Materialien (u.a. vollständiger Bericht, Presseerklärung der Bildungssenatorin, Presseecho) sind über die Website der GGG-Berlin zu finden: www.ggg-berlin.de

Immerhin will die Bildungssenatorin Sandra Scheres (SPD) „das Angebot der Gemeinschaftsschulen in Berlin als besondere Ausprägung der Integrierten Sekundarschule dauerhaft verstetigt“ wissen. Hoffentlich gibt der Ausgang der Wahlen zum Landesparlament im Herbst Gelegenheit, diese Absicht in politisches Handeln umzusetzen und über die Gemeinschaftsschulen hinaus deren gute Erfahrungen für die Arbeit auch der anderen Schulen fruchtbar zu machen.

Lothar Sack

Dieser Beitrag als pdf-Download

Hier noch einige Meldungen zum Thema:

Der Abschlussbericht (März 2016)

Ausgewähle Ergebnisse (22.04.2016)

Pressemitteilung der Senatsverwaltung (08.04.2016)

Statement von Senatorin Scheres im RBB (08.04.2016)

Der Tagesspiegel (08.04.2016)

Berliner Zeitung (08.04.2016)

Die Welt (08.04.2016)

Berliner Kurier (08.04.2016)

News4teachers (08.04.2016)

Berliner Morgenpost (09.04.2016)