Ulrich Commerçon, stellv. Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher der SPD, wird neuer Bildungsminister der schwarz-roten Koalition im Saarland. Das Kapitel 5 Schul- und Bildungspolitik der Koalitionsvereinbarung trägt erkennbar seine Handschrift.
Doch bevor auf wenige wichtige Punkte eingegangen wird, markiere ich das grundsätzliche Problem künftiger Bildungspolitik.

Das Saarland hat etwa 12 Milliarden EUR Schulden. Die Schuldenbremse ist Verfassungsrecht. Ausgaben des Landes werden gekürzt, um das wichtigste Ziel der neuen Landesregierung zu erreichen: Erhalt der Selbstständigkeit dieses Bundeslandes.
Wenn daher das Land seine Ausgaben für Wissenschaft und Bildung im Landeshaushalt auf 30 % erhöhen will, braucht kein Euro zusätzlich ins Bildungssystem fließen. Es genügt konsequentes Sparen in anderen Haushalten.
Zugleich will die Landesregierung die Lehrkräfteausstattung so weiterentwickeln, dass sie „künftig im Bundesdurchschnitt oder darüber liegt“. Da die anderen Bundesländer bereits jetzt mehr als die 30 % aufbringen und künftig die Bildungshaushalte eher stärken als einfrieren werden, wird das Ziel kaum zu erreichen sein. Und ob die sog. demographische Rendite bei der angespannten Haushaltslage wie angekündigt für Bildung ungeschmälert zur Verfügung stehen wird, bleibt abzuwarten.
Bildungspolitisch hat sich die Landesregierung einiges vorgenommen:

  • Die Gleichwertigkeit von Gymnasium (G8) und Gemeinschaftsschule (alle Abschlüsse, G9) soll materiell hergestellt werden.
  • Die frühkindliche Bildung und Betreuung erfährt besondere Wertschätzung, dem Mangel an qualifizierten Erziehern und Erzieherinnen soll abgeholfen und deren Ausbildungsqualität erhöht werden.
  • In der Sekundarstufe soll die Betreuungsrelation zwischen Lehrkräften und Schülern kontinuierlich verbessert werden. Die künftigen Gemeinschaftsschulen erhalten je 6 Deputatsstunden für Konzeptentwicklung. (Da diese Schulen bereits mit dem Schuljahr 2012/13 ihre Arbeit aufnehmen, haben wir es mit einer nachholenden Konzeptentwicklung zu tun.)
  • Geprüft werden soll die Einführung eines „Berufsabiturs“ aufbauend auf dem mittleren Bildungsabschluss.
  • Schulsozialarbeit und das erfolgreiche Landesprogramm Schoolworker werden hervorgehoben und Weiterentwicklung in Aussicht gestellt.
  • Ganztagsangebote werden ausgebaut, doch bei den gebundenen Ganztagsschulen wird das Saarland auch dann, wenn am Ende der Legislaturperiode, wie geplant, 25 eingerichtet sein sollten, keinen Spitzenplatz im Bundesranking einnehmen.
  • Der Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention ist Grundlage für die Überprüfung aller entsprechenden rechtlichen Regelungen. n Die Fortbildungspflicht der Lehrer/innen soll verbindlich ausgestaltet werden, insbesondere für Personen mit Leitungsund Ausbildungsfunktionen.

Der GGG-Landesverband Saarland hat sich auf das zweigliedrige Schulsystem eingestellt. Mit Ulrich Commerçon übernimmt ein ausgewiesener Bildungspolitiker Verantwortung, der die Notwendigkeit, der Gemeinschaftsschule mehr Ressourcen als von der Jamaika-Koalition vorgesehen zukommen zu lassen, erkannt und formuliert hat. Er hat in den zurückliegenden Jahren seine Dialogbereitschaft und -fähigkeit unter Beweis gestellt. Den Dialog, im Sinne von Entwicklung eines neuen Sinnbestandes zwischen den Partnern, bietet er nun auch als Minister an. Der GGG-Landesverband nimmt es gerne an.
In den kommenden Jahren wird die GGG darauf hinarbeiten, dass die Gemeinschaftsschule (als Verband der Schule des gemeinsamen Lernens achten wir auch auf die Grundschule und den vorschulischen Bereich) zu einem Ort wird, an dem alle Kinder und Jugendlichen sich wohlfühlen, Freunde und Freude haben und erfolgreich lernen. Die GGG kennt Mittel und Wege, dieses Ziel zu erreichen. Sie wird sie in den Dialog einbringen.
Auf der Basis des Koalitionsvertrages sollte und wird es künftig besser gelingen, diese für mehr Schüler/innen als bisher wirksam werden zu lassen.

Klaus Winkel