Der Spiegel benannte in Heft 19/2017 Mängel und Grundwidersprüche bei der Umsetzung „der Inklusion“ in der Schule. Diese verstärken den Eindruck, dass Politik und Verwaltung sich als „Illusionskünstler“ versuchen. Sie wollen den Anschein erzeugen, den verpflichtenden Auftrag zur Entwicklung eines inklusiven Schulsystems zu erfüllen – trotz Ressourcenkürzungen, Fehllenkungen des Personals und Fortbestands der Sonderschulen (Förderschulen und Gymnasien).

Statt mit allen Kräften die inklusive Umgestaltung des Schulwesens anzugehen, versuchen sie dem Auftrag ohne strukturelle Änderungen zu entsprechen. Schlimmer noch – durch Zuweisung von Förderstunden statt Stellen für die inklusiven Schulen werden die bisherigen positiven Erfahrungen der GU-Schulen ignoriert und eine „Sonderpädagogisierung“ der „Inklusion“ befördert. Die Erfolge des „Gemeinsamen Unterrichts“ werden geschleift und ganze Kollegien in ihrer Schulentwicklung ausgebremst. Die „Bewahrer“ des separierenden Systems in den Sonderschulen und Gymnasien fühlen sich bestärkt, ihre ausgrenzende Sicht unter dem Deckmantel der besonderen fachlichen Förderung in ihren Spezialeinrichtungen vorzubringen.

So wird der Inklusionsauftrag durch Behörden – aber auch Eltern und Lehrkräfte – auf „Integration“ reduziert. Völlig vergessen wird dabei auch, dass oftmals erst die Schule aus persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen eine Behinderung macht. Wie die GGG 2011 in Hildesheim formulierte: „Die inklusive Schule erfordert eine Schul- und Lernkultur, die geprägt ist von der Verantwortung für jedes einzelne Kind, vom Respekt vor der Einzigartigkeit jedes Kindes und vom Vertrauen in die Fähigkeiten eines jeden Kindes“. Die Arbeit in den Schulen wird erschwert und gesellschaftlich nicht fruchtbar, weil in Deutschland der Konsens fehlt, dass „die Realisierung der inklusiven Schule [...] jedoch eine inklusive Schulstruktur [erfordert]. Inklusive Schule und selektives Schulsystem stehen zueinander in einem unauflöslichen Widerspruch.“

Die GGG fordert darum, die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, alle selektiven Momente im bestehenden System (u. a. Noten) abzuschaffen und damit dessen Transformation endlich einzuleiten.

GERD-ULRICH FRANZ