Länderbericht Niedersachsen 2017-12

Die Landtagswahl am 15.10.17 hat ergeben, dass eine rot-grün geführte Landesregierung keine Mehrheit mehr haben wird. SPD und CDU bilden nun eine große Koalition.

Redaktionsschluss für dieses Heft und Veröffentlichung der Koalitionsvereinbarungen haben sich überschnitten. Der LV hatte noch keine Gelegenheit, dazu öffentlich Stellung zu nehmen. Deshalb stellen wir an dieser Stelle die Forderungen des Landesverbandes an alle möglichen Koalitionäre dar.

Weiterentwicklung der Inklusion und einer qualitativen Ganztagsschule – Stärkung der Eigenverantwortliche Schule – Gleichbehandlung aller Lehrämter bei Arbeitszeit und Besoldung

In der letzten Legislaturperiode wurden Weichen für Inklusion und Ganztag gestellt, deren Richtung die GGG voll unterstützt.

„Inklusion ist Menschenrecht und daher muss sich die gesamte Gesellschaft dieser Aufgabe stellen. Die Gesamtschulen arbeiten teilweise seit Jahrzehnten inklusiv, nun muss diese Aufgabe von allen Schulformen endlich angenommen werden!“, fordert Andreas Meisner, Vorsitzender des niedersächsischen Gesamtschulverbandes GGG. Dazu seien sonderpädagogische Lehrkräfte fest an größeren Systemen anzustellen.

Die Ganztagsschule ist gesellschaftlich gewünscht und gemeinsames Lernen und Leben braucht einen strukturierten Ganztag und nicht nur Betreuung. Daher sind weitere Ressourcen zur Verfügung zu stellen und der Ganztag soll nicht wegen des derzeit bestehenden Lehrermangels angegriffen werden.

Eine Benachteiligung sieht der Gesamtschulverband in der Personalversorgung der nach 2008 gegründeten Ganztagsschulen. Diese erhalten nur 75% der für den Ganztagsbereich zustehenden Lehrerstunden. Jan-Peter Braun, der im Gesamtschulverband die neu gegründeten Integrierten Gesamtschulen vertritt, wird deutlich. Die CDU/FDP Landesregierung habe diese Regelung vor 8 Jahren eingeführt um den Gesamtschulneugründungen zu schaden, der SPD/Grünen-Landesregierung habe die Personalversorgung zwar verbessert, ist jedoch bei 75 % stehen geblieben. „Eine Ressourcenzuweisung von einem Gründungsdatum abhängig zu machen ist sachfremd und inakzeptabel“, so Braun.

Große Sorgen macht sich der Gesamtschulverband über Tendenzen der Parteien, mit oberflächlichen Argumentationen die Eigenverantwortliche Schule in ihren Spielräumen beschneiden zu wollen. Die 2007 eingeführte Eigenverantwortlichkeit habe in allen niedersächsischen Schulen eine beispielgebende und bundesweit beachtete Qualitätsentwicklung ermöglicht, so der Gesamtschulverband. Sie müsse weiter ausgebaut und nicht eingeschränkt werden.

Die Diskussion zur Lehrerarbeitszeit sei in letzter Zeit durch Lobbyarbeit einiger Verbände viel zu eingeschränkt geführt worden. So sei die Arbeit nicht allein auf Unterricht, Korrekturen und Vorbereitung beschränkt. Gerade in Grund-, Haupt- und Gesamtschulen wird sehr viel Energie in

pädagogische Arbeit mit Schülerinnen und Schülern sowie Eltern investiert. „Es muss eine unabhängige und sachorientierte Evaluation einer zeitgerechten Arbeitsbelastung einer Lehrkraft geben und es darf nicht darum gehen, dass, wer am lautesten schreit auch Gehör findet!“ fordert Andreas Meisner.

„An Gesamtschulen erfahren wir beispielhaft die Benachteiligung der Arbeitszeit von Gesamtschullehrkräften gegenüber Gymnasiallehrkräften“, sagt Andreas Meisner. Gesamtschullehrkräfte unterrichteten 24,5 Stunden pro Woche, Gymnasiallehrkräfte dagegen nur 23,5 Stunden. Für den Gesamtschulverband ist die höhere Unterrichtsverpflichtung umso unverständlicher, als an Gesamtschulen nicht nur das zweifelsohne arbeitsintensive Abitur abgenommen werden müsse, sondern darüber hinaus auch noch alle Schüler unterschiedliche Abschlussprüfungen nach Jahrgang 9 oder 10 ablegen. Hinzu komme, dass Ge­samtschullehrkräfte ihren Unterricht auf mehreren Niveaustufen organisieren.

Es sei an Zeit, die Lehrämter inklusive Ausbildung, Arbeitszeit und Besoldung neu zu strukturieren, um das Personal in Schulen für die aktuellen und zukünftigen Aufgaben von Schule auszustatten.

„Insgesamt wünschen wir uns als Gesamtschulverband, dass sich die Bildungspolitik der kommenden Landesregierung an dem Bedarf und an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientiert und weniger an den am lautesten sich bemerkbar machen den Verbänden“, so Meisner.

Der Gesamtschulverband Niedersachsen (GGG) vertritt die Interessen der 133 niedersächsischen Gesamtschulen mit ihren etwa 10.000 Lehrkräften, mehr als 80.000 Schülern und 160.000 Eltern.

ANDREAS MEISNER